Bitcoin-Zahlungen: Was wir von El Salvador lernen können

Ab dem 7. September 2021, ist Bitcoin neben dem US-Dollar die offizielle Währung von El Salvador, dem 6,5-Millionen-Einwohner-Staat in Mittelamerika.

Wer sich bisher nicht mit Bitcoin auseinandergesetzt hat, für den mag es überraschend kommen: Ein Staat führt Bitcoin als Währung ein? Tatsächlich ist es so.

In diesem Artikel zeige ich, welche Vorteile Bitcoin-Zahlungen haben, welche Technik hinter dem „Lightning-Netzwerk“ steckt und wie jeder auch außerhalb von El Salvador schon heute davon profitieren kann.

Bitcoin

Bitcoin wurde 2009 von Satoshi Nakamoto (ein Pseudonym) erfunden und ist die erste und weltweit marktstärkste Kryptowährung, basierend auf der Blockchain-Technologie. In den letzten 12 Jahren hat sich Bitcoin rasant entwickelt und vor allem in der Praxis bewährt. Was anfangs nur eine Handvoll Kryptographie-Experten interessiert hat, wird heute als „digitales Gold“ und „Geld der Zukunft“ gehandelt. Aber eigentlich ist Bitcoin bereits voll und ganz in der Gegenwart angekommen.

Bitcoin Beach

El Zonte ist eine kleine 3.000-Einwohner Stadt am Meer in der Nähe von San Salvador, der Hauptstadt von El Salvador. Der Strand ist ein beliebtes Reiseziel von Surfern, die dort wunderbare Wellen im Pazifik erwarten können. Aber der Strand hat eine weitere Besonderheit: Man kann dort bereits heute so viele Waren und Dienstleistungen mit Bitcoin bezahlen, wie sonst nirgends auf der Welt. Im Jahr 2019 wurde eine große anonyme Bitcoin-Spende über Michael Peterson eingebracht, der sich Vorort für ein Sozialprojekt einsetzte. Durch die Spende wurde rund um den Strand eine Art Bitcoin-Wirtschaftszone ins Leben gerufen, die „Bitcoin Beach“ genannt wird. Seitdem ist das Projekt gewachsen und laut Peterson haben bereits 90% aller Familien in El Zonte zumindest einmal eine Bitcoin-Transaktion durchgeführt.

Das Projekt wurde immer bekannter und hat schließlich auch den Präsidenten von El Salvador, Nayib Bukele, inspiriert Bitcoin im gesamten Staat zu fördern und zur Währung zu machen. In El Salvador wurde erst 2001 der US Dollar als Landeswährung eingeführt, das hat dem Land Vorteile im Handel verschafft aber auch von der Geldpolitik der USA abhängig gemacht. Die größte Devisenquelle sind Überweisungen von Salvadorianern, die in den USA arbeiten. Da jedoch viele Menschen in dem Land keinen Zugang zu Banken haben, sind diese Überweisungen sehr teuer. Nicht selten fallen bei Transaktionen im Wert von 20 USD bis zu 5 USD Spesen an.

Vorteile von Bitcoin-Zahlungen

Das Bitcoin-Netzwerk benötigt keine Banken. Bitcoin basieren auf Verschlüsselung – also im Grunde Mathematik. Das gesamte Netzwerk ist vollkommen dezentral: Jeder kann mit sehr einfachen Mitteln Bitcoin speichern und transferieren. Jeder kann unter Aufwendung von Energie Bitcoin erzeugen. Da die Berechnungen jedoch sehr aufwändig und Bitcoin auf maximal 21.000.000 Stück limitiert sind, sind Bitcoin selten und sehr wertvoll. In der vergangenen Woche schwankte der Bitcoin-Kurs zwischen 39.000 und 43.000 EUR.

Für die Salvadorianer – aber auch jeden anderen Erdenbürger – können sich durch Bitcoin viele Vorteile ergeben:

  • Man benötigt kein Bankkonto, um Bitcoin zu besitzen und keine Zustimmung irgendeiner dritten Partei. Ein Smartphone mit Internetzugang ist vollkommen ausreichend, um Bitcoin nutzen zu können. Das hat besonders für unterdrückte Menschen eine große Bedeutung: Kein Diktator kann verhindern, dass man sich eine Bitcoin-Wallet anlegt. Und gerade in Ländern, wo Ungleichheit herrscht und beispielsweise Frauen offiziell keiner Arbeit nachgehen geschweige denn ein eigenes Bankkonto besitzen dürfen, bringt eine Bitcoin-Wallet ein Stück Freiheit zurück, die für uns Europäer ganz selbstverständlich ist.
  • Auch bei uns gibt es immer wieder Fälle, wo beispielsweise marktbeherrschende Zahlungsanbieter Firmenkunden aussperren, teils aufgrund von Fehlern, aber teils auch aufgrund von mehr oder weniger transparenten Regeln. Mit Bitcoin können Firmen Zahlungen annehmen und haben die eigene Zahlungsinfrastruktur 100% unter Kontrolle.
  • Ein weiterer Vorteil sind die geringen Transaktionskosten. Mit Bitcoin können beispielsweise Euro-Millionen-Beträge für nur wenig Cent an Gebühren bewegt werden. Außerdem sind mit dem sogenannten Lightning-Netzwerk auch Mikrozahlungen im Cent-Bereich möglich, die trotzdem nur einen Bruchteil an Gebühren kosten.
  • Bitcoin-Transaktionen sind nicht nur günstig, sondern auch schnell, denn das sogenannte „Settlement“ ist inkludiert. Während man als Händler bei Kreditkartenzahlungen durchaus mehrere Wochen auf sein Geld warten muss, sind Bitcoin-Transaktionen sofort gültig und unwiderrufbar.

Bitcoin-Zahlungen empfangen und versenden

Firmen und Private hierzulande müssen nicht darauf warten, dass Bitcoin ein offizielles Zahlungsmittel wird, um die Vorteile zu nutzen. Da auf Crypto-Börsen zu jeder Zeit Bitcoin in Euro oder andere Währungen getauscht werden können, eignen sich Bitcoin schon heute als Zahlungsmittel für Dienstleistungen und Produkte.

Während das Bitcoin-Netzwerk für größere Beträge geeignet ist, können kleinere Beträge sehr günstig über das sogenannte Lightning-Netzwerk empfangen und versendet werden.

Lightning ist eine sogenannte 2nd-Layer-Technologie, baut also als eine zweite Ebene auf der Bitcoin-Basis auf. Genauso wie die Basistechnologie Bitcoin ist auch das Lightning-Netzwerk dezentral und zensurresistent. Um eine Lightning-Zahlung durchführen zu können, reicht es, sich eine App mit Unterstützung für Bitcoin-Lightning auf dem Smartphone zu installieren.

Aber auch als Firma, beispielsweise als Online-Shop oder Beratungsunternehmen, kann Bitcoin als Zahlungsmittel genutzt werden. Für Zahlungen in einem Geschäft reicht ebenfalls ein handelsübliches Smartphone und eine App mit Lightning-Unterstützung aus.

Damit Zahlungen für einen Online-Shop rund um die Uhr angenommen werden können, benötigt man eine Lightning-Node. Diese Software verbindet sich mit anderen Knoten im Lightning-Netzwerk und nimmt Zahlungen an und leitet sie weiter. Die kostenlose Open-Source-Software läuft schon auf kleiner und günstiger Hardware, die man bereits ab 200 EUR kaufen kann.

Die häufigsten Online-Shop-Systeme, wie Shopify, Magento oder WooCommerce können problemlos eingebunden werden. Beim Bezahlvorgang wird dem Kunden ein QR-Code angezeigt, der mit einer Bitcoin-Wallet eingescannt wird. Innerhalb von Sekunden landet der Betrag auf der Lightning-Node des Verkäufers:

Ein Beispiel einer Bezahlseite mit QR-Code für eine Bitcoin-Zahlung via Lightning.

Einsteigerfreundliche Bitcoin-Wallets die Lightning unterstützen sind beispielsweise BlueWallet oder Wallet of Satoshi.

Sie möchten das selbst ausprobieren? Dann besuchen Sie unseren Online-Shop und wählen bei der Bezahlung die Option „Bitcoin“:

Niedrige Gebühren und neue Geschäftsmodelle

Die an das dezentrale Netzwerk zu zahlenden Gebühren sind meist geringer als 0,1%. Im Vergleich dazu kosten Bezahlungen mit Kreditkarte meistens zwischen 2-4% – ein nicht zu unterschätzender Kostenfaktor. Gerade für Kleinstbeträge ergeben sich durch Lightning ganz neue Geschäftsmodelle, die sich bisher nicht rentiert hätten.

Ein Beispiel dafür sind Streaming-Angebote, die per Minute bezahlt werden. Mit Lightning lassen sich Podcasts oder auch Videos in noch nie dagewesener Form abrechnen. Für jede Minute, die eine Audio oder Videodatei abgerufen wird, muss beispielsweise ein kleiner Betrag bezahlt werden – ganz ohne Anmeldung, ganz ohne persönliche Daten, absolut unkompliziert. Ein anderer Anwendungsfall sind Artikel von Online-Plattformen. Anstatt nerviger Pay-Walls, die für eine monatliche Abozahlung werben, ist es mit Bitcoin möglich Kleinstbeträge im Wert von einigen Euro-Cent nur für einen Artikel zu verlangen – ohne, dass die Zahlung von Gebühren „aufgefressen“ wird.

Auch diese innovative Bezahlform ist keine Zukunftsmusik, sondern schon heute möglich. Unser (kostenloser) Design Thinking Podcast kann testweise mit Podcast-2.0-App gegen eine minütliche Spende gestreamt werden. Probieren Sie es aus: Laden Sie sich die Breez-App herunter, transferieren Sie einen kleinen Bitcoin-Betrag auf die App und streamen Sie unseren Podcast, den Sie mit einer Suche in der App nach „Gerstbach“ schnell finden werden.

Aufklärung statt Angst

Wenn heute in El Salvador zum ersten Mal auf der Welt Bitcoin zu einer offiziellen Staatswährung wird, werden sich viele Menschen weltweit für diesen Schritt interessieren. Aber es wird auch viele Mahner geben, Leute die Ängste schüren und sogar mit falschen Argumenten gegen Bitcoin ins Feld ziehen, ohne die Funktionsweise und Vorteile der Blockchain-Technologie wirklich verstanden zu haben.

So wie bei jeder Innovation, wird es auch bei Blockchain-Revolution Verlierer geben. Wie bei jeder Veränderung hilft Wissen dabei, Ängste zu nehmen und die Vorteile einer Innovation zu nutzen. Wenn Sie Fragen haben oder Ihre Meinung mit der Community teilen möchten, lade ich Sie herzlich ein unter dem Artikel einen Kommentar zu hinterlassen.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg mit dem Geld der Zukunft – schon heute.

Neu im BA-Podcast: Turnaround PM

Im Business-Analyse-Podcast gibt es eine neue Folge:

Wer kennt es nicht: Verschiedene Stakeholder haben unterschiedliche Anforderungen, die nicht gut erhoben wurden, oder die Projektziele sind unklar oder haben sich geändert. Das sind nur einige von vielen Gründe, wie und warum Projekte in Schieflage geraten können. In dieser Episode haben Torsten Koerting, der genau auf solche „Turnaround“ Projekte spezialisiert, zu Gast.

Die neue Folge können Sie in Ihrem Podcast-Player abonnieren oder direkt auf BusinessAnalysePodcast.de im Browser hören! Viel Spaß!

Gerstbach auf der größten Business Analysis Konferenz (BBC)

hear us bbcWir sind heuer mit einem Vortrag auf der weltweit größten Konferenz zum Thema Business-Analyse vertreten:

Die Building Business Capability (BBCCon) findet vom 31. Oktober bis 4. November in Las Vegas statt und ist die offizielle Konferenz des International Institute of Business Analysis (IIBA).

Über 1.500 Teilnehmer werden Vorträge und Workshops von über 165 Speaker besuchen. Wir sind mit unserem Vortrag „Business Analysts Driving Corporate Culture“ mit dabei. Dabei stellen wir die Ergebnisse unserer großen Werte-Studie vor, die wir im Frühjahr durchgeführt haben. Über 250 Business-Analysten haben an der Studie teilgenommen, um die Frage zu beantworten, welche Werte Business-Analysten haben und wie ein besseres Verständnis der Unternehmenskultur den Erfolg von Projekten und Veränderungsmaßnahmen in Unternehmen beeinflusst.

Selfie am Flughafen, auf dem Weg nach Las Vegas
Selfie am Flughafen, auf dem Weg nach Las Vegas

Wir sind schon sehr gespannt, was uns auf dieser Konferenz erwartet. Neben vielen neuen Menschen werden wir natürlich auch viele Freunde aus der BA-Community wiedersehen, wie bspw. Yamo und Adrian Reed, die in den letzten Jahren auf unserem jährlichen BA-Camp in Wien als Keynote-Speaker eingeladen waren.

Hier gibt es nach der Veranstaltung natürlich einen ausführlichen Bericht. Weiters planen wir einige Stimmungsbilder direkt von der Konferenz einzufangen und in unserem Business-Analyse Podcast zu veröffentlichen.

Ingrid + Peter Gerstbach

Die Relevanz von Soft-Skills und deren Vermittlung

Sieht man sich typische Vortragsthemen aus dem Requirements Engineering an (beispielsweise von der ReConf 2011), geht es meistens um Qualitätssicherung, Modellierung, Werkzeuge, Methoden & Prozesse. Und man ist sich einig: Erfolgreiche Anforderungserhebung ist in großem Maße von der Expertise des Requirements Engineers abhängig.

Mikrofon vor Publikum

Neben der fachlichen Kompetenz ist jedoch auch die soziale Kompetenz ein wichtiger Erfolgsfaktor im Requirements Engineering. Schließlich geht es darum, Anforderungen zu erheben, die Menschen an Systeme stellen. Und der Requirements Engineer tut gut daran bei seiner Arbeit eben diese Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. Da das Thema Soft Skills meiner Meinung nach auf Fach-Tagungen viel zu kurz kommt, habe ich mich gefreut, dass ich einen Vortrag zu genau diesem Thema auf der ReConf 2012 halten durfte. Und das große Interesse hat gezeigt, dass das Thema vielen besonders wichtig ist.

Doch warum sind „weiche“ Themen auf Tagungen bei den Besuchern beliebt und gleichzeitig doch so selten?

Diese Frage habe ich im Laufe der Tagung mit Gesprächspartner diskutiert. Und hier folgt eine Auswahl von Hypothesen.

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ReConf 2012

Eben ist die Requirements Engineering Conference „ReConf 2012“ in München zu Ende gegangen.

Ich war am zweiten Konferenztag wegen meines eigenen Vortrags dort, habe selbst einige spannenden Vorträge besucht, Kollegen wieder getroffen und viele interessante Pausengespräche führen können.

Der Andrang zu meinem Vortrag „Soft Skills als Erfolgsfaktor im Requirements Engineering“ hat mich persönlich nicht nur sehr gefreut, sondern bestätigt weiters mein Fazit, dass soziale Kompetenzen einen höheren Stellenwert im Requirements Engineering genießen sollten.

Einige Fragen, die im Anschluss an den Vortrag gestellt wurden, waren:

  • Sind soziale Kompetenzen erlernbar oder in die Wiege gelegt?
  • Wie kann man dafür sorgen, dass das Thema „Soft Skills“ bei Mitarbeitern aufgegriffen wird?
  • Funktioniert das nicht nur, wenn sich die Mitarbeiter schon von selbst dafür interessieren?
  • Was ist die Erfahrung mit Mitarbeitern die geisteswissenschaftlich ausgebildet sind?

Diese Fragen und weitere Anregungen, die ich durch viele Gespräche auf der ReConf erhalten haben, werde ich in einem eigenen Beitrag diskutieren.

Hier folgt nun eine kurze Zusammenfassung ausgewählter Vorträge, die ich besucht habe. (Für einen Bericht vom 1. Konferenztag verweise ich gerne auf den Artikel von Wolfgang Göbl vom V-ARC).

IT-Recht

Keynote von Prof. Dr. Lambert Grosskopf: IT-Recht – fixiert auf das Scheitern um zum Erfolg zu verhelfen

Der Vortrag des Juristen war nicht nur sehr unterhaltsam, sondern hat auch einige interessante Einblicke in öfters und seltener auftretende Probleme im Zusammenspiel von IT & Recht gebracht.

Grundtenor: Richter und Anwälte sind auch nur Menschen. Sie haben Jura studiert und sind deswegen Rechtsexperten, aber eben keine IT-Experten. Deswegen: Alle Anforderungen möglichst gut dokumentieren, weil diese dann – wenn es Probleme gibt – vom Sachverständigen beurteilt werden. Leider bedeutet das natürlich zusätzlichen Dokumentationsaufwand! Das geht sogar so weit, dass alle Begriffe für einen Nicht-Techniker erläutert werden sollten – selbst wenn sich der Kunde dazu zählt.

Meiner Meinung nach schießt das dann aber häufig übers Ziel hinaus. Ich persönlich bevorzuge dazu die dritte Wertaussage des agilen Manifests („Customer collaboration over contract negotiation“): Eine gute Zusammenarbeit mit dem Kunden lässt es gar nicht erst so weit (bis zum Richter oder Schiedsgericht) kommen.

Interessant waren jedoch auch die Bemerkungen zum Urheberrecht: Rein rechtlich sind die Anforderungen Teil der daraus entstehenden Software. Dadurch wird der Autor der Anforderungen (also häufig auch der Auftraggeber!) zum Mit-Urheber! Eigentlich logisch, aber nach der Reaktion des Publikums zu schließen war das den meisten Anwesenden (inklusive mir) in dieser Tragweite nicht bewusst.

Qualität von Modellen

Thorsten Cziharz: Qualität von Modellen – Einführung von Metriken für Modelle

Bei diesem Vortrag ging es um die Bewertung von Anforderungen hinsichtlicher ihrer Qualität. Im speziellen bei Modellen. Der Vortragende hat zwischen unterschiedlichen Arten der Prüfung unterschieden (syntaktisch, intelligent, gemischt) und einige Beispiele gebracht.

Interessant war die Erinnerung wie die Größe der Stichprobe (für die Prüfung) ermittelt werden kann. Statistik-Bewanderte empfehlen hierfür entsprechende Tabellen: Je nach Kritikalität (Stufe I, II, III) und der Anzahl der Messobjekte (Use Cases, Anforderungen, etc.) sollte die benötigte Anzahl in der Tabelle nachgeschlagen werden, um eine passende Stichprobegröße zu ermitteln.

Mit dem nächsten Release wird alles besser

Oliver Kluge: Mit dem nächsten Release wird alles besser

Bei diesem interessanten Vortrag ging es um ein Beispiel der Versicherungskammer Bayern, die neue Vertriebsanwendungen entwickelt hat.  Dabei wurden auf Basis von Usability-Betrachtungen die vorhandenen Anwendungen Schritt für Schritt einem Re-Design unterzogen.

Ein Erfolgsfaktor: Die Anforderungen wurden nicht bei den Vertriebspartnern erfragt, sondern aus einem umfassenden Verständnis der Arbeitsaufgaben der tatsächlichen Nutzer abgeleitet. Es wurden also die Aufgaben analysiert und modelliert und erst daraus die Anforderungen abgeleitet.

Diese Technik (Usability, Observation) wird meiner Ansicht nach häufig unterschätzt. Es freut mich bei dem Vortrag einen so guten Beweis dafür gefunden zu haben.

Ein lohnenswerter Besuch

Für mich hat sich der Besuch der ReConf sehr gelohnt. Ein paar intensive Stunden vollgepackt mit Ideen, Eindrücken und Stimmungen bedeutet einen neuen Schwung, den ich in meine Beratungstätigkeit gerne einfließen lasse.

Persönlichkeitstest

Im Requirements Engineering und in der Business Analyse ist das Thema „Soft Skills“ ein häufig unterschätzter Erfolgsfaktor für Projekte. Während der Fokus meistens auf Werkzeuge und Methoden gelegt wird, wird der menschliche Aspekt oft außer Acht gelassen.  Doch gerade die Anforderungserhebung ist eines von mehreren Beispielen, bei denen die Interaktion mit Menschen im Mittelpunkt stehen – dadurch kann dies nie ein vollständig planbarer und analytischer Prozess sein.

Die folgende Umfrage untersucht, ob ein Zusammenhang zwischen Persönlichkeitsausprägungen und typischen Rollen in IT- und Unternehmensberatungs-Berufen besteht. Dafür bitten wir Sie um Ihre Mithilfe!

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Nennen wir es einfach „BA“!

Gerade in der Geschäftswelt kann man häufig viele Begriffe aus dem Englischen hören, die in unsere Sprache scheinbar natürlich einfließen und denen unsere deutsche Grammatik aufgedrängt wird. Bei neuen Wortkreationen werden dann sehr schnell zwei oder mehr Varianten eines Begriffes verbreitet. Oft übernehmen wir, ohne groß nachzudenken, viele neue Sprachanteile in unseren Alltag.

Das Thema dieses Artikels ist eine Auseinandersetzung mit Begriffen die allesamt häufig mit „BA“ abgekürzt werden. Doch wie heißt es jetzt wirklich im Kontext der deutschen Sprache?

  • Business Analysis?
  • Business Analyse?

Und wie heißt dann die Rolle korrekt?

  • Business Analyst?
  • Business Analytiker?

Im englischen Sprachraum ist der Begriff „Business Analysis“ insbesondere durch den Business Analysis Body of Knowledge (BABOK) mit einer anerkannten Definition versehen worden. Sehr häufig wird der Begriff unreflektiert im Deutschen verwendet. Ich halte es prinzipiell für sinnvoll auch Fachbegriffe zu übersetzen, wenn die Bedeutung dadurch nicht verloren geht. Gerade bei Fremdwörtern sind jedoch eigene Regeln zu beachten: Die Pluralbildung ist höchst kompliziert, bei Anglizismen ist meistens ein Plural „-s“ zu verwenden. Die Getrenntschreibung zweier Substantive gibt es im Deutschen gar nicht: entweder zusammen oder durch Bindestrich trennen.

Wer nun im Duden gängige Übersetzungen von „Business“ und „Analysis“ nachschlägt, findet übrigens folgende Einträge: Business ist kurz und gut das „Geschäft“. Die Analyse ist eine „Untersuchung, bei der etwas zergliedert, ein Ganzes in seine Bestandteile zerlegt wird“. Der Analytiker ist „jemand, der nach der analytischen Methode vorgeht“. Im Gegensatz dazu ist ein Analyst ein „Fachmann, der das Geschehen an der Börse, auf den Finanzmärkten u. a. beobachtet und analysiert“.

Demnach wäre (wenn man von der Übersetzung von „Business“ absieht) der korrekte Begriff „Business-Analyse“ bzw. „Business-Analytiker“. Oder komplett übersetzt: Geschäftsanalyse bzw. Geschäftsanalytiker.

Eine weitere Herangehensweise an dieses Thema ist die Untersuchung der tatsächlichen Verwendung in den großen Weiten des Internets. Eine Suche in Google auf Seiten in Deutsch bringt folgende Ergebnisse zu Tage (Stand Sept. 2011):

Business Analysis 217.000 Treffer
Business Analyse 600.000 Treffer
Geschäftsanalyse 14.500 Treffer

 

Eins zu null für den eingedeutschten Begriff „Business-Analyse“ (Google ignoriert hier den eigentlich korrekten Bindestrich)

Business Analyst 1.430.000 Treffer
Business Analytiker 6.100 Treffer
Geschäftsanalytiker 123.000 Treffer

 

Hier führt der englische Begriff. Erstaunlich viele Treffer hat der „Geschäftsanalytiker“. Somit steht es unentschieden zwischen Deutsch und Englisch. Allerdings möchte ich an dieser Stelle anmerken, dass der Begriff „Business Analyst“ auch im Deutschen sehr häufig in Bezug zur Finanzanalyse verwendet wird, ähnlich der Definition im Duden.

Fazit

In deutschen Texten werde ich weiterhin die Disziplin „Business-Analyse“ nennen. Schwieriger wird es allerdings schon bei der Benennung der Rolle: Obwohl „Business-Analytiker“ richtig wäre, klingt es für mich doch etwas befremdlich. Vielleicht werde ich Zukunft dem Geschäftsanalytiker öfters eine Chance geben.

Sprache ist ständig im Wandel und lebendig. Neue Wortkreationen bringen uns vielleicht für kurze Zeit Spaß und Abwechslung in den Alltag, aber sorgen auch für Verwirrungen. Falls Sie demnächst wieder auf einen Begriff stoßen sollten, fragen Sie eventuell bei dem Betreffenden nach, was er denn genau meint, sonst kann es zu kommunikativen Verwirrungen kommen.

Übrigens: Die etwas extremeren Varianten von Denglisch können Sie bei Beratersprech.de bewundern (bitte nicht allzu Ernst nehmen).
Und in diesem Sinne: Falls Ihnen hier im Blog ähnliches auffällt freue ich mich über Feedback! Ich werde dann ganz easy ein Update machen und habe auch noch meine Learnings.

Systemisches Denken

Eine wichtige Kernkompetenz eines Business Analysten ist in meinen Augen die Fähigkeit systemisch zu denken.

Denn: Systeme sind überall um uns, wir leben in Systemen, wir definieren unsere Systeme.

Niklas Luhmann geht in seiner Systemtheorie davon aus, dass sich Systeme durch die Differenz zu ihrer Umwelt definieren. Durch diesen Selbstbezug entsteht also eine Grenze, die das System von der Umwelt abgrenzt.

Die Idee der Definition von Systemen durch ihre Grenzen erinnert mich an zwei wichtige Tätigkeiten im Rahmen der Business Analyse. Im folgenden möchte ich anhand dieser zwei Beispiele zeigen, wie das Konzept von Systemen und dadurch die Fähigkeit des Business Analysten zum systemischen Denken den Projekterfolg positiv beeinflussen kann.

Es ist eine wichtige Aufgabe des Business Analysten auf den Lösungsumfang und die Anforderungen eines Projekts zu achten (BABOK: „Manage Solution Scope & Requirements“). Dabei geht es vor allem darum unter allen Beteiligten ein gemeinsames Verständnis für den Umfang einer Lösung zu bekommen. Der Umfang selbst ist jedoch per-se nicht vorgegeben und variabel. Der Business Analyst hat die Möglichkeit die Grenzen des Systems bewusst zu setzen. Die Herausforderung besteht nun meines Erachtens genau darin, diese Grenzen so zu setzen, dass sie hilfreich sind: Ein umfangreiches Projekt erfordert z.B. mehr Zeit, während ein kleineres bereits früher den Nutzen für das Unternehmen liefern kann. Eine „große“ Lösung ermöglicht revolutionäre Umwälzungen, während man mit mehren kleinen Lösungen schrittweise an das Ziel kommen kann. Die richtige Wahl der Systeme und seiner Grenzen entscheidet dadurch maßgeblich über den Weg und den Erfolg der Zielerreichung!

Ein anderes Beispiel von Systemen im Anforderungsmanagement sind „Use Cases“ (Anwendungsfälle). Anwendungsfälle beschreiben, was die Umwelt von einem System (z.B. einem Softwaresystem) erwartet. Die besondere Herausforderung besteht in meinen Augen nun darin, die einzelnen Anwendungsfälle so zu „schneiden“, dass sich ihre Grenzen in natürlicher Weise zu einem großen Ganzen fügen und dass die einzelnen Teile handhabbar und nahe am Benutzer (bzw. am Leser des Anforderungsdokuments) sind.

Lesen Sie auch folgende Kernkompetenzen eines Business Analysten.

Die Zusammenarbeit mit dem Kunden

Die Prinzipien der agilen Software-Entwicklung wurden im Februar 2001 im Agilen Manifest veröffentlicht – also vor fast genau 10 Jahren – und haben sich seitdem immer weiter verbreitet.

Einer der vier Werte des Agilen Manifests lautet:

Customer collaboration over contract negotiation.

Was das Zitat betrifft, möchte ich zuallererst betonen, dass dieser Satz nicht bedeutet, dass Leistungsbeschreibungen in Verträgen unwichtig sind. Sie sind wichtig. Aber die Zusammenarbeit mit dem Kunden ist eben noch wichtiger.

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