DT329: Die Sache mit dem Kopierer

Das eine Wort, das irrationales Verhalten auslöst

In einem Experiment wurden Menschen um einen kleinen Gefallen gebeten. Eine Testperson versuchte mit drei unterschiedlichen Fragestellung die Erfolgsquote zu erhöhen. Dabei stellte sich heraus, dass ein einzelnes Wort dabei entscheiden kann, ob der Gefallen erfüllt wurde – oder nicht.

Die Kopiermaschinenstudie

1977 führte die Psychologin Ellen Langer eine Studie zum menschlichen Verhalten durch.

Dazu wurden Menschen bei einem Kopiergerät der Bibliothek beobachtet. Sobald sie zum Gerät gegangen sind, kam eine Person dazu, die darum bat, vorgelassen zu werden. In der Forschung wurden drei Fragestellungen untersucht:

  • Version 1 (nur Frage): „Entschuldigung, ich habe 5 Seiten. Darf ich den Kopierer verwenden? „
  • Version 2 (Frage mit einem echten Grund): „Entschuldigung, ich habe 5 Seiten. Darf ich den Kopierer benutzen, weil ich in Eile bin? “
  • Version 3 (Frage mit absurdem Grund): „Entschuldigung, ich habe 5 Seiten. Darf ich den Kopierer verwenden, weil ich Kopien erstellen muss? “

Die Verwendung des Ausdrucks „weil ich Kopien erstellen muss“ ist ziemlich absurd – jeder wollte hier Kopien machen. Der Satz enthielt keine neuen Informationen (eine sog. Placebo-Information), aber er wurde trotzdem eingesetzt, um den Gefallen irgendwie zu rechtfertigen.

Überraschenderweise ergaben die Analysen folgende Auswertungen:

  • Version 1: 60% lassen die Person vor
  • Version 2: 94% lassen die Person vor
  • Version 3: 93% lassen die Person vor

Die Studie wurde berühmt, weil sie eines der mächtigsten Wörter enthüllte, mit denen wir unser Verhalten vorantreiben: WEIL. Langers Arbeit bewies, dass wir das Verhalten ausführen würden, solange wir ein Verhalten in unserem Gehirn rechtfertigen können („Ich mache das, weil…“), auch wenn der Grund keinen Sinn ergab. Auch wenn wir anderen helfen, reicht uns ein Grund, auch wenn dieser absurd ist.

Dein eigenes Verhalten

Suche nach logischen und auch nach unlogischen Gründen, mit denen du dein eigenes Verhalten rechtfertigst und sei dir bewusst, welche Geschichten du dir selbst erzählst.

Wie viele Dinge in deinem Leben machst du, weil du einen absurden Grund dafür hast?

  • Was ist dein Grund, warum du nicht jeden Tag an deinem Buch schreibst?
  • Was hindert dich daran, dich selbstständig zu machen?

Die Gründe, die wir verwenden, um unser Verhalten zu steuern, sind nur Geschichten, die wir uns selbst erzählen. Manchmal sind diese Geschichten wahr. Wir alle haben Gründe, warum jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für diesen Schritt ist, warum wir auf Gewohnheiten verzichten, von denen wir sagen, dass sie für uns wichtig sind, und warum wir Fremden einen Gefallen tun. Was wir jedoch oft nicht erkennen, ist, dass unser Verhalten genauso leicht von irrationalen wie von logischen Gründen bestimmt werden kann.

Wenn die Bitte größer wird…

In der Studie wurde ebenso unterschieden, ob der Gefallen groß oder klein war, und zwar anhand der Anzahl der zu kopierenden Blätter. Die Person gab an entweder 5 bzw. 20 Blätter kopieren zu wollen. War die Anzahl größer als die Person beim Gerät wurde das als großer Gefallen bewertet, war sie geringer, wurde das als kleinen Gefallen bewertet.

Das Ergebnis: Bei einem großen Gefallen funktioniert die Placebo-Information nicht mehr!

Lektionen aus der Studie

  1. Wenn du jemanden um einen Gefallen bitten willst, verwende das Wort weil und gib der Person einen Grund. Das lässt sich auch gut in Design Thinking-Befragung nutzen!
  2. Design Thinking in Unternehmen: Menschen handeln nicht rational, aber in Projekten entwerfen wir häufig Produkte und Services basierend auf rationalen Gedanken. Das Beispiel zeigt, dass das nicht immer zum Erfolg führen wird.

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