DT532: Fokusgruppen

Was sind Fokusgruppen und wann sollte man sie (nicht) einsetzen?

Wir werden immer wieder von Unternehmen gefragt, ob wir nicht eine Fokusgruppe zur Erhebung von neuen Insights und Ideen leiten könnten. In dieser Episode besprechen wir, was Fokusgruppen überhaupt sind, wann eine Fokusgruppe sinnvoll eingesetzt werden kann, und warum wir als Design Thinker diese Methode normalerweise nicht einsetzen.

Was ist eine Fokusgruppe

Eine Fokusgruppe ist eine qualitative Forschungsmethode, die es ermöglicht, Meinungen, Ansichten und Perspektiven einer kleinen Gruppe von Menschen zu einem bestimmten Thema zu erfassen. In der Regel besteht eine Fokusgruppe aus 6-10 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die von einem Moderator oder einer Moderatorin geleitet wird.

Die Teilnehmenden kommen in einer Fokusgruppe zusammen, um ihre Meinungen und Ideen zu einem bestimmten Thema zu teilen. Der Moderator leitet die Diskussion, indem er oder sie Fragen stellt und die Teilnehmer ermutigt, ihre Gedanken und Meinungen zu äußern.

Fokusgruppen können verwendet werden, um eine Vielzahl von Fragestellungen zu beantworten, z.B.

  • Bedürfnisse und Wünsche von Zielgruppen zu verstehen, um neue Produkte oder Dienstleistungen zu entwickeln.
  • Einstellungen und Meinungen zu Produkten und Dienstleistungen zu erheben, um diese zu verbessern oder neue Angebote zu entwickeln.
  • Markenstrategie zu verbessern oder anzupassen.
  • Erwartungen von Menschen an Programme und Dienstleistungen zu verstehen (Bildungs- oder Gesundheitsthemen)
  • Verhaltensweisen zu verstehen (Gesundheitsforschung).

Der Begriff Fokusgruppe

Der Begriff „Fokusgruppe“ wurde erstmals in den 1950er Jahren von dem amerikanischen Soziologen Robert K. Merton verwendet. Ursprünglich wurden Fokusgruppen in der Marktforschung eingesetzt, um Kundenmeinungen und -bedürfnisse zu verstehen. Seitdem hat sich die Methode aber auch auf andere Bereiche ausgeweitet.

Der Begriff „Fokus“ in diesem Kontext bezieht sich auf die Tatsache, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in der Gruppendiskussion aktiv beteiligt sind und ihre Gedanken und Meinungen teilen. Der Moderator lenkt die Diskussion, um sicherzustellen, dass die Personen fokussiert bleiben, aber trotzdem die Möglichkeit bekommen, ihre eigenen Schwerpunkte zu setzen und die Diskussion zu beeinflussen.

Vorbereitung einer Fokusgruppe

Eine Fokusgruppe zu organisieren, ist viel Aufwand, der sich aber lohnt. Das Ergebnis der Methode hängt von der Vorbereitung ab. Hier sind die einzelnen Schritte im Detail:

  • Zielgruppe definieren: Zunächst musst du die Zielgruppe definieren, für die du Informationen sammeln möchtest. Stelle sicher, dass die Zielgruppe für dein Produkt oder Dienstleistung wirklich relevant ist und dass du die Gruppe gut erreichen kannst.
  • Fragen und Themen vorbereiten: In einem nächsten Schritt überlege, welche Fragen du der Zielgruppe stellen möchtest. Stelle offene Fragen, die dazu beitragen, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Meinungen und Bedürfnisse frei und spontan äußern können. Überlege auch, welche Themen du unbedingt abdecken musst, um ein umfassendes Verständnis der Zielgruppe zu erlangen.
  • Teilnehmer einladen und auswählen: Danach lädst du alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein, die zur Zielgruppe gehören. Stelle sicher, dass die Gruppe vielfältig ist und dass die Menschen verschiedene Hintergründe, Perspektiven und Meinungen haben. Überlege auch, wie viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer du einladen willst. Eine typische Größe für eine Fokusgruppe liegt bei 6-8 Personen.
  • Ort und Zeit festlegen: Wähle einen geeigneten Ort und eine geeignete Zeit für die Fokusgruppe. Achte darauf, dass es ein Ort ist, an dem sich die Menschen wohl fühlen und der auch leicht zu erreichen ist. Eine weitere Überlegung ist, ob die Fokusgruppe online stattfinden kann.
  • Materialien vorbereiten: Bereite alle Materialien vor, die für die Durchführung der Fokusgruppe benötigt werden. Dazu gehören z.B. Flipcharts, Stifte, aber auch Snacks und Getränke.
  • Moderation vorbereiten: Stelle sicher, dass der Moderator der Fokusgruppe gut vorbereitet ist. Der Moderator sollte die Zielgruppe gut kennen und die Fragen und Themen genau verstehen.

Durchführung einer Fokusgruppe

Hier sind einige Schritte und Tipps, die bei der Durchführung einer Fokusgruppe berücksichtigt werden sollten:

  • Begrüßung und Vorstellung: Hier gilt es nicht nur den Zweck der Fokusgruppe vorzustellen, sondern auch die Anwesenden zu ermutigen, ihre Erwartungen und Bedürfnisse zu teilen.
  • Einleitungsthema: Die Diskussion wird im Idealfall mit offenen Fragen eingeleitet.
  • Bei der Diskussion sollte der Moderator sicherstellen, dass alle die Gelegenheit haben, ihre Meinungen und Ideen zu äußern. Es ist wichtig, eine offene und freundliche Atmosphäre zu schaffen, in der alle Meinungen gehört und respektiert werden.
  • Thematische Vertiefung: Die Diskussion sollte sich auf bestimmte Themen oder Fragen konzentrieren, um die Antworten und Meinungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu vertiefen und zu präzisieren.
  • Am Ende der Diskussion steht eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte. An dieser Stelle kann auch nochmals die Gelegenheit gegeben werden, eine abschließende Aussage zu machen. Wichtig ist, dass den Teilnehmerinnen und Teilnehmern gesagt wird, wie die Ergebnisse der Fokusgruppe genutzt werden und was der nächste Schritt im Prozess ist.

Analyse der Ergebnisse

Ist die Fokusgruppe zu Ende, müssen die Ergebnisse ausgewertet und besprochen werden. Folgende Schritte empfehlen wir:

  • Im Anschluss an die Diskussion werden die Muster und Themen, die vorgekommen sind, identifiziert, kodiert und analysiert. Das hilft dabei, die Antworten und Meinungen zu strukturieren und Zusammenhänge und Trends zu erkennen.
  • Sortiere danach die Ergebnisse nach Priorität, um die wichtigsten Erkenntnisse zu identifizieren und sicherzustellen, dass diese auch in den weiteren Prozess einbezogen werden.
  • Die Ergebnisse müssen immer im Kontext der Zielgruppe betrachtet werden. Hier ist es wichtig zu verstehen, welche Implikationen sich aus den Ergebnissen ergeben und wie sie in den weiteren Prozess integriert werden können.
  • Die Analyse der Ergebnisse kann auch dazu beitragen, Herausforderungen und Chancen zu identifizieren. Durch die Identifikation von Herausforderungen können mögliche Hindernisse im Voraus erkannt werden, um zu planen, wie diese überwunden werden können.
  • Die Ergebnisse werden dann in einer Zusammenfassung zusammengetragen, um einen Überblick über die wichtigsten Erkenntnisse zu geben. Die Zusammenfassung sollte die wichtigsten Antworten und Meinungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer enthalten und kann auch visuell dargestellt werden, z.B. in Form von Diagrammen oder Grafiken.

Kritikpunkte zu Fokusgruppen im Design Thinking

Wir persönlich sind keine Freunde der Fokusgruppen und setzen diese in Rahmen von Design-Thinking-Projekten auch nicht ein. Die Gründe dafür sind zahlreich:

  • Soziale Beeinflussung: In einer Fokusgruppe werden oft die Teilnehmerinnen und Teilnehmer durch die Meinungen und Aussagen der anderen Gruppenmitglieder beeinflusst. Viele trauen sich auch nicht, eine abweichende Meinung zu äußern. Oder sie passen ihre Antworten an, um der Gruppenmeinung zu entsprechen.
  • Mangelnde Repräsentativität: Eine Fokusgruppe besteht typischerweise aus einer kleinen Gruppe von Personen, die nicht unbedingt repräsentativ für die Gesamtbevölkerung sind. Es besteht das Risiko, dass die Ergebnisse der Fokusgruppe nicht auf die breitere Zielgruppe übertragbar sind.
  • Oberflächliche Antworten: In einer Fokusgruppe haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nur begrenzte Zeit, um ihre Antworten zu formulieren. Dadurch sind viele Antworten sehr oberflächlich und auch nicht gut durchdacht.
  • Gruppendynamik: Die Dynamik innerhalb der Gruppe kann dazu führen, dass einige Personen dominieren und andere unterrepräsentiert sind. Dadurch können wichtige Meinungen und Perspektiven übersehen werden.
  • Moderator-Effekt: Der Moderator hat einen Einfluss auf die Diskussion und die Ergebnisse der Fokusgruppe. Der Moderator kann bewusst oder unbewusst seine Meinung oder seine Perspektive in die Diskussion einbringen und dadurch die Ergebnisse beeinflussen.

Fazit

Wie immer ist auch in diesem Fall die erste Frage, was Ihr eigentlich mit einer Fokusgruppe erreichen wollt und ob euch diese Methode bei eurer Zielgruppe wirklich ans Ziel bringt. Denn wichtiger als die Methode sind die Menschen, mit denen ihr arbeitet.

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