DT520: Ideenmörder – Innovationstheater

Es schaut aus wie Innovation – ist aber nur Theater

Ideenmörder gibt es überall! Sie lauern nicht nur in den dunklen Ecken von Bürogebäuden, nein sie sitzen neben uns, sind Teil unseres Teams, sehr oft sind es Führungskräfte. Einige von ihnen sind vielleicht sogar unsere Freunde.

Diese Episode ist Teil 2 einer Serie über Ideenmörder. Wir werden die unterschiedlichen Kategorien von Ideenmördern unter die Lupe nehmen und zeigen, wie ihr euch gegen sie schützen könnt. Wir führen die Serie fort mit dem beliebten Innovationstheater.

So geht Innovationstheater

Angenommen du verstehst gar nichts von Schach. Wie groß, glaubst du, ist die Chance, die nächste Schachweltmeisterschaft zu gewinnen? Genau, die Chancen gehen gegen null, selbst wenn du vorher noch das teuerste Schachbrett kaufst. Aber genau dieses Denken haben fast alle Unternehmen, wenn es um Innovationen geht: „Die Mitarbeiter brauchen einfach eine eintägige Methodenschulung, und dann sind sie schon innovativ!“ Oder „Wir suchen ein schönes Zimmer, statten es mit mobilen Möbeln, bunten Wänden und vielen Post-its aus und nennen es Innovationsraum“.

In einer früheren Serie über Mythen im Design Thinking haben wir die Frage gestellt, ob Design Thinking oberflächlich ist. Denn wir hören immer wieder die Kritik, dass in einem Design-Thinking-Workshop nur viele Haftnotizen erstellt werden, aber diese dann genauso auf dem Müll landen, wie die Ideen aus dem Workshop. Dieses Thema haben wir in Folge DT344 analysiert.

Das Problem dahinter ist aber ein größeres und nicht auf Design Thinking alleine beschränkt. Es geht um Innovationstheater.

Der moderne Management-Werkzeugkoffer

Agile, New Work, Holocracy – egal, welche Management-Konzepte du hernimmst, es wird immer bessere und schlechtere Anwendungen von diesen Konzepten geben. Alle Konzepte funktionieren nicht, wenn sie mangelhaft angewendet werden. Es reicht nicht eine Person „Scrum Master“ zu nennen und Software-Entwickler zu zweit an einen Tisch zu setzen, damit „agile“ gearbeitet wird.

Andere Praktiken und Methoden erfordern eine intensive Auseinandersetzung, denn es geht um neue und andere Arbeitsweisen und Veränderung. Und das passiert nicht automatisch oder nebenbei.

Genauso ist es auch mit Innovation.

  • Die Teams bleiben die gleichen.
  • Die Arbeitsweise bleibt die gleichen.
  • Das Denken bleibt das gleiche.

Innovationstheater

Die meisten Unternehmen versuchen Innovation auf Knopfdruck zu erzeugen. Nicht selten erleben wir in unserer Praxis, dass Unternehmen

  • Innovations-Wettbewerbe ausrufen (auch wenn eigentlich niemand weiß, warum)
  • in einem Workshop viele Techniken hintereinander einsetzen (unabhängig davon, ob sie passen oder nicht)
  • viele bunte Post-its an die Wände kleben (dabei spielt es keine große Rolle, was genau drauf steht)
  • einen Ideen-Börse eröffnen (egal, ob hinterher etwas mit den gesammelten Ideen passiert)
  • Kunden zu einem Co-Creation-Workshop einladen (obwohl sich hinterher niemand für die Kundenbedürfnisse interessiert)
  • die Stelle „Innovations-Manager“ im Unternehmen einführen (gleichzeitig werden aber keinerlei Ressourcen zur Verfügung gestellt)
  • in der offiziellen Unternehmens-Strategie 17x das Wort „Innovation“ einbauen (und es dabei belassen).

Warum Innovationstheater so gefährlich ist

Das große Problem bei solchen Vorgehen ist aber, dass auf diese Weise wirklich wertvolle Themen und Ressourcen „verbrannt“ werden. Wird einmal ein Begriff in einem Unternehmen eingesetzt und mit einem bestimmten Vorgehen verknüpft, bleibt genau das haften.

Wenn Mitarbeitende sich wirklich für das Thema einsetzen und motiviert sind, kann es passieren, dass eben jene furchtbar enttäuscht werden. Sie haben viel Energie eingebracht, die scheinbar umsonst war.

Oder es entsteht eine Kultur des Abwartens: Die Menschen in Unternehmen kennen ein solches Vorgehen von anderen Gelegenheiten. Meistens wurde im Management unter großen Trommelwirbel eine neue Methode oder ein neues Konzept vorgestellt, das aber bald versandet ist. Daher bewerten die Mitarbeitenden das als eine Übergangs-Phase, die wieder vorbeigehen wird.

Probleme bei Innovationstheater

Die Einfühlphase wird ausgelassen

Es herrscht noch immer die weitverbreitete Meinung, dass es nur eine gute Idee braucht, die dann umgesetzt werden muss. Allerdings führt dieses Denken lediglich zu einem regelrechten Ideen-Sammelwahn. Innovationen können nur dort entstehen, wo vorher auch Verstanden wird, um was es eigentlich geht.

Nur bestimmte Mitarbeitende arbeiten im Innovationsbereich

Meistens gibt es in Unternehmen einen Head of Innovation oder Chief Digital Officer und das wars dann. Damit das Innovieren aber auch funktioniert, braucht es ganz unterschiedliche Rollen mit unterschiedlichen Aufgaben: Den Auftraggeber aus der Geschäftsführung, einen Projektleiter, Menschen, die abteilungsfremd sind, Experten, die sich gut mit dem Thema auskennen, und auch gut vernetzte Mitarbeiter, die die innovativen Ideen verbreiten.

Die Umgebung passt nicht

Innovationen können nur dort entstehen, wo sich Mitarbeitende auch sicher fühlen und keine Angst davor haben, eigene Meinungen und Ideen zu haben, Kritik zu äußern, Fehler zuzugeben. Wir alle sind Menschen mit Wünschen, Bedürfnissen und Fehlern und nicht bloß Arbeitskräfte mit Fachwissen.

Was ihr tun könnt, um Innovationstheater zu vermeiden

Selbst wenn du nicht im oberen Management tätig bist, kannst du selbst aktiv werden, wenn du das Gefühl hast, dass in deinem Unternehmen Innovationstheater am laufenden Band aufgeführt wird. Das Wichtigste dabei ist, dass du beginnst, die Missstände aufzuzeigen und mit den Leuten sprichst. Nichts ist schwieriger als Innovationen entwickeln zu wollen, in einem Umfeld, wo Demotivation und Missmut herrscht! Wenn die Menschen bereits enttäuscht sind, wird es schwierig, sie wieder aufzurütteln. Aber es ist machbar! Gemeinsam könnt ihr eine Strategie entwickeln, bei der es auch zugewiesene Verantwortlichkeiten und Ziele gibt.

Aber die Ideen brauchen die richtige Umgebung, um zu Innovationen zu gedeihen. Es gilt, eine Atmosphäre der psychologischen Sicherheit zu schaffen und darauf zu achten, dass die Menschen keine Angst davor haben, ihre eigenen Ideen und Wünsche einzubringen.

Das Organnigramm der Ideenmörder

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