DT345: Mythos: Ist Design Thinking tot?

Oder können wir Design Thinking noch retten?

Design Thinking erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Seit den Anfängen dieses Trends werden wir regelmäßig mit skeptischen Fragen konfrontiert, die zeigen, dass es viele Missverständnisse über Design Thinking gibt. In mehreren Episoden wollen wir die häufigsten Mythen, die uns immer wieder begegnen, besprechen und Antworten geben.

In dieser Folge geht es um die Frage, ob Design Thinking längst gescheitert ist. Und in diesen Tagen, in denen wir vor allem online arbeiten müssen, stellt sich die Frage, ob Design Thinking überhaupt noch funktionieren kann.

Design Thinking als Wunderwaffe

Viele Unternehmen hoffen, dass es einfach ein paar Tage Schulung braucht, um Innovationen am laufenden Band zu entwickeln. Das Versprechen lautet „Design Thinking ist ein neuer Weg, um kreativ Probleme zu lösen“.

Das Wort „Denken” bei Design Thinking macht ein Problem deutlich: Denken alleine reicht nicht, denn das geschieht alleine im Kopf. Wir müssen die Dinge auch tun, wenn wir wirklich etwas verändern wollen.

Selbst wenn Unternehmen darüber sprechen, dass Innovation oberste Priorität hat, schaffen es nur wenige, eine Innovationskultur zu schaffen, in der die Mitarbeiter wirklich die Chance haben, großartige Ideen zu generieren, zu verfolgen und umzusetzen. Sie geben viel für das Sammeln von Ideen aus und fragen sich dann, warum es nicht klappt.

Design Thinking ist ein Mindset

Design Thinking ist für uns ein Mindset, ein Ansatz, mit einer Reihe von Prinzipien. Es ist eine Denkweise und ein Schöpfungsprozess. Der typische Design-Thinking-Prozess hilft zu verstehen, wie man ein Problem angehen kann. Nutzerorientierung, iteratives Arbeiten und kollaboratives Zusammenarbeiten stehen im Fokus.

Eine Denkweise und eine tief verwurzelte (Unternehmens-) Kultur können jedoch nicht an einem Tag geändert werden. Verständnis entsteht durch kontinuierliche Anwendung. Die Umsetzung von Projekten mit Experten ist der einzige Weg, um ein wirkliches Verständnis zu bekommen. Denn der Teufel steckt im Detail – die subtilen Unterschiede und Herausforderungen in jedem Projekt machen den Unterschied.

Viele unserer Kunden haben Schubladen voller großartiger Ideen, die nur herumliegen. Es braucht mehr als Design Thinking, um Ideen lebendig zu machen. Hier kommt das multidisziplinäre Team und die agile Herangehensweise ins Spiel.

Kultur des Experimentierens

Viele Unternehmen haben die benutzerzentrierten Prinzipien des Prototyping und des schnellen Experimentierens übernommen, bieten jedoch häufig keinen wirklich sicheren Raum zum Experimentieren. Experimentieren und Risiken eingehen wird nicht belohnt. Anstatt als Lernerfahrung verstanden zu werden, wird Misserfolg als Zeichen von Inkompetenz behandelt. Innovation ist riskant. Wachstum durch Versuch und Irrtum zu fördern bedeutet, den Menschen die Freiheit zu geben, zu lernen.

Geschwindigkeit ist wichtiger als Perfektion. „Made in Germany“ galt früher als Garantie für Qualität. Während Perfektion in der Massenproduktion ihre Vorteile haben kann, tötet Perfektion bei Innovationen die Ideen, bevor sie überhaupt geboren werden. Die Perfektionierung von Produkten oder Dienstleistungen nimmt ebenfalls viel Zeit in Anspruch – Zeit, die wir in der heutigen schnelllebigen Welt nicht haben. Innovation erfordert die Fähigkeit, Ideen schnell auszuprobieren.

Können wir Design Thinking noch retten?

Wenn sich Unternehmen nicht wirklich auf die Methode einlassen, dann wird sie tatsächlich sterben.

Unternehmen investieren viel in die neuen Methoden, stellen neue Mitarbeiter ein – alles in der Hoffnung, dass das reicht, um Ideen zum Leben zu erwecken. Sie vergessen, den Menschen auch die Werkzeuge und Prozesse zu geben, mit denen Innovation erst passieren kann. Ein cooler Raum, eine unbegrenzte Anzahl von Post-its und ein paar Sitzsäcke reichen nicht aus.

Wer Design Thinking aber als einen Mindset versteht und kontinuierlich an der Kultur des Experimentierens arbeitet, dann kann die Methode auch Ihren Zweck erfüllen.

Design Thinking in Zeiten der COVID-19-Pandemie

In der Pandemie können leider keine Design-Thinking-Workshops stattfinden. Es ist derzeit schwierig bis unmöglich mit Menschen auf der Straße zu sprechen, in Teams hitzig zu diskutieren oder auch nur gemeinsam zu experimentieren

Das Ganze geht natürlich mit Abstand und Maske, aber beim Sprechen mit Maske geht Mimik verloren und für viele bringen die zusätzlichen Einschränkungen einfach alle Kreativität und Sorgenlosigkeit um.

Lautet die Lösung Design Thinking online?

Ja, es geht, aber irgendwie fühlt es sich ganz anders an. Es ist nicht unbedingt schlechter, aber auf jeden Fall anders. Man muss jede Methode anpassen, dadurch wirkt sie auch anders. Dessen sollten wir uns bewusst sein.

  • Online Kunden/User befragen? Es ist viel schwieriger Verbindung aufzubauen. Was mit Kollegen noch ganz gut geht, geht mit Fremden viel schlechter. Viele Menschen sind auch schon müde, dauernd nur über Videokonferenzen zu kommunizieren
  • Beobachten: Gerade die Beobachtung ist aufgrund der Abstandsregeln sehr schwierig. Aber virtuell zu beobachten, gerade wenn es um Software geht funktioniert funktioniert andererseits sogar sehr gut.
  • Infrastruktur ermöglichen: Wir erleben oft, dass in großen Unternehmen die Auswahl an Software für die Mitarbeiter begrenzt ist und alles, was nicht Microsoft Office und SAP ist, zusätzliche Arbeit für die IT-Abteilungen erfordert, die das deswegen ablehnen.

Unsere Überzeugung: Es wird wieder leichter werden

Sobald die Pandemie überstanden ist, wird Design Thinking auch wieder „auferstehen“. Damit Ihr in der Zwischenzeit aber nicht die Lust verliert, solltet Ihr eines tun: Hört nicht auf am Mindset für Innovation zu arbeiten.

Die Corona-Pandemie ist eigentlich sogar eine gute Übungswiese dafür: Wir müssen so viele schnelle Entscheidungen (ohne viel Wissen und Erfahrung) treffen, dass Trial & Error wichtiger geworden ist. Wir haben auch die Möglichkeit so viel spontan zu machen und auszuprobieren, wie noch nie! Das ist das perfekte Umfeld um das Design-Thinking-Mindset zu üben!

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