DT344: Mythos: Ist Design Thinking oberflächlich?

Populäre Mythen über Design Thinking

Design Thinking erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Seit den Anfängen dieses Trends werden wir regelmäßig mit skeptischen Fragen konfrontiert, die zeigen, dass es viele Missverständnisse über Design Thinking gibt. In mehreren Episoden wollen wir die häufigsten Mythen, die uns immer wieder begegnen, besprechen und Antworten geben.

In dieser Folge geht es um den Vorwurf, dass Design Thinking oberflächlich ist und zu kurz greift.

Design Thinking Mythen

Wenn etwas zum Trend wird, ist es ganz normal, dass sich nach einiger Zeit auch die Stimmen mehren, die den Erfolg des Trends bezweifeln oder zumindest kritische Fragen stellen. Und das ist gut so: Denn blindes Vertrauen in eine Methode kann sonst schnell zu Enttäuschungen führen.

Wir erleben es regelmäßig, dass auch über Design Thinking ganz unterschiedliche Geschichten kursieren. Manche davon beruhen auf Missverständnisse, andere haben wiederum einen wahren Kern. Welche Mythen gibt es und vor allem: Was können wir als Design Thinker tun, um Zweifel auszuräumen und erfolgreicher zu arbeiten?

Design Thinking greift zu kurz: Was meinen wir damit?

Bei Design Thinking spielt Kreativität und vor allem das Tun eine wichtige Rolle. Schließlich heißt es: Don’t talk, do!

Leider führt das manchmal dazu, dass Design Thinking genau auf diese Elemente reduziert wird:

  • Hauptsache, viele bunte Haftnotizen kleben an der Wand
  • Hauptsache, es wird mit Lego oder Knetmasse gespielt
  • Hauptsache, alles ist laut, wild und neu

Es ist richtig, wir nutzen tatsächlich viele Haftnotizen, manchmal verwenden wir auch Lego und in manchen Situationen spielen wir laute Musik. Aber eben nicht nur bzw. nur dann, wenn es auch sinnvoll ist und zu dem gewünschten Ergebnis führt.

Der Kern des Vorwurfs ist: Design Thinking greift zu kurz. Man glaubt in einer kurzen Session auf den wahren Kern eines Problems zu stoßen. Dass man sich selbst nur fragen muss, was der Kunde will – und alles wird gut. Dann ein wenig kreatives Prototyping, irgendwelche lustigen Sachen bauen und fertig ist die Innovation.

An jedem einzelnen Vorwurf ist ein bisschen etwas dran, aber so wollen wir das auch nicht stehen lassen.

Was ist Design Thinking?

Design Thinking wird allgemein als eine Methode verstanden, mit der ihr auf kreative Weise neue Lösungen findet und dadurch Innovationen ermöglicht.

Für uns ist Design Thinking aber wesentlich mehr: Es ist ein Mindset, eine Einstellung, wie wir auf Probleme und Fragestellungen zugehen.

Design Thinking ist iterativ und menschenzentriert

Design Thinking ist von Natur aus iterativ und menschenzentriert. Das bedeutet, dass jeder Schritt so oft durchlaufen wird, bis alle wichtigen Aspekte aufgedeckt sind und die verschiedenen Perspektiven miteinbezogen wurden.

Menschenzentriert bedeutet, dass wir uns dabei fragen, was der Mensch braucht und nicht, wie wir eine Lösung, die uns gut gefällt, an den Mann und die Frau bringen können.

Für uns ist Ethnographie ein ganz wichtiger Bestandteil im Prozess. Es ist der Ausgangspunkt der menschenzentrierten Forschung.

Ethnographie

Ethnographie ist das systematische Studium von Menschen und Kulturen. Es untersucht kulturelle Phänomene, indem der Forscher sich in der Gesellschaft bewegt, diese befragt und deren Verhalten genau beobachtet.

Wir beginnen und enden mit Empathie. Wenn du bereits am Anfang des DT-Prozesses keine ethnografischen Methoden einsetzt, dann verzichtest du bereits zu Beginn auf diese ganz wichtigen kulturellen und menschlichen Erkenntnisse, die letztlich die Ideenfindung antreiben und befeuern.

Ethnographen werfen einen tieferen Blick auf die Kultur – die meisten Design Thinker verzichten auf diesen Schritt und das ist unser Vorwurf. Denn wenn du als menschenzentrierter Lösungsfinder nicht weißt, für wen du das Problem löst, woher weißt du dann, ob die gefundene Lösung auch wirklich funktioniert?

Empathie ist jedoch der Treibstoff für Kreativität.

Jede Kultur ist unterschiedlich. Wenn du die Dinge nur errätst und glaubst, dass jeder die gleiche Perspektive hat oder gleich denkt, dann nimmst du dir selbst viele Möglichkeiten. Jede Design-Thinking-Lösung sollte eine Reaktion auf menschliches Verhalten, Interaktion und kulturellen Wandel sein.

Unser Appell: Design Thinking und Ethnographie sollten viel mehr zusammenarbeiten, um die Menschen, für die wir Antworten entwickeln, wirklich zu verstehen und ihnen vor allem Lösungen zu präsentieren, die auch tatsächliche Probleme lösen.

Erkenntnisse nutzen und tiefer graben

Deswegen ist für uns der wichtigste Aspekt bei Design Thinking Empathie. Wir reden nicht nur von Beobachtung und Befragung, diese Dinge sind wichtig, aber sie sind die Basis für die Arbeit, die danach kommt. Es geht darum, diese Erkenntnisse auch wirklich zu nutzen, tiefer zu graben, Hypothesen aufzustellen und diese auch wieder zu verwerfen, wenn sie nicht taugen.
Die meisten anderen Design Thinker, die wir kennen, machen das aber nicht so, sondern legen den Fokus auf die kreativen Methoden im Ideengenerieren-Schritt. Beides ist in Ordnung, die Frage ist nur, was das jeweilige Unternehmen braucht.

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