DT338: Offen für Neues?

Hörerfrage: Sind ältere oder jüngere Menschen offener für Neues?

Sind ältere oder jüngere Menschen offener für neue Erfahrungen und damit auch kreativer? Diese Frage haben wir im Rahmen eines Vortrags erhalten. Wir bekommen diese Frage sehr oft gestellt und beantworten sie deswegen ganz ausführlich in dieser Episode.

Big Five: Offenheit für Erfahrungen

Offenheit für neue Erfahrungen ist einer der fünf Hauptfaktoren der Persönlichkeit (Big Five-Theorie).

Menschen, die offen für Erfahrungen sind, sind eher bereit, neue Dinge, neue Ideen und allgemein Änderungen anzunehmen. Sie gelten als neugierig und verfolgen kreative Ideen. Sie sind auch sehr gut darin, über neue Konzepte nachzudenken und Querverbindungen zwischen ihnen herzustellen.

Menschen mit einem geringen Grad an Offenheit hingegen bevorzugen dagegen Routinen und Vertrautheit. Sie nähern sich neuen Dingen mit großer Vorsicht und bevorzugen das Bekannte. Sie werden oft als starr beschrieben.

Werden wir als offen für neue Erfahrungen geboren oder kann man diese Eigenschaft „lernen“?

Die Tendenz einer Person, offen oder geschlossen für Erfahrungen zu sein, wird sowohl von der Genetik als auch von der Erfahrung, die wir im Laufe unseres Lebens machen, beeinflusst. Die Heritabilität liegt gesamt bei etwa 50% bei Offenheit 57%.

Offenheit für Erfahrung und Wissen ist wie bei anderen Merkmalen ein Kontinuum. Einige Leute neigen dazu, in diesem Merkmal sehr hoch und andere sehr niedrig zu sein, aber die Mehrheit der Leute liegt irgendwo in der Mitte.

Es gibt nur wenige Informationen darüber, wie viel Prozent der Menschen in diesem Merkmal hoch, niedrig oder durchschnittlich sind.

Wie wird der Grad an Offenheit gemessen?

Die Offenheit für Erfahrungen wird – wie die anderen vier Faktoren der Persönlichkeit auch – anhand von Fragebögen gemessen. Die Teilnehmer wählen eine Antwort aus, die am besten widerspiegelt, wie sehr sie mit der Aussage übereinstimmen.

Beispiele für solche Fragen:

  • Ich bin gut darin, neue Ideen zu entwickeln.
  • Ich denke oft über die tiefere Bedeutung der Dinge nach.
  • Ich bin gespannt, wie die Dinge funktionieren.
  • Ich habe viele künstlerische Hobbys.
  • Ich lege großen Wert auf Ästhetik und Kunst.
  • Ich habe eine aktive Vorstellungskraft.
  • Ich schätze es, mit verschiedenen Gruppen von Menschen zusammenzuarbeiten.

Ist Offenheit für Erfahrungen immer etwas positives?

Offenheit wird oft als positives Merkmal angesehen. Sie sind neugierig auf die Welt und möchten mehr darüber erfahren, wie die Dinge funktioniert. Sie versuchen auch gerne Neues aus, passen sich leichter an und können leichter mit neuen Situationen und auch Beziehungen umgehen.

Nachteile gibt es aber auch: So sind Menschen mit einem hohen Grad an Offenheit auch eher bereit, sich auf riskante Verhaltensweisen einzulassen. Sie sind unbeständig und meistens nicht sehr genau.

Offenheit & Kreativität

Von den fünf Merkmalen, die in der Big-Five-Theorie beschrieben werden, ist die Offenheit für Erfahrungen der einzige Persönlichkeitsfaktor, den die Forschung konsequent mit Kreativität verbindet. Menschen mit hoher Offenheit sind im Allgemeinen kreativer, verfolgen neue Ideen, denken sehr facettenreich und haben ausgefallene Hobbys.

Weitere Korrelationen

  • Intelligenz: Offenheit für Neues korreliert auch mit IQ: Es beinhaltet die Fähigkeit, alle Fakten und Kenntnisse zu nutzen, die eine Person im Laufe ihres Lebens erworben hat. Jemand, der einen hohen Grad an Offenheit aufweist, ist auch meistens sehr wissensdurstig.
  • Geschlechterunterschiede: Untersuchungen haben einen Zusammenhang zwischen dem Geschlecht gezeigt: Bei Frauen ist das Merkmal „Offenheit“ höher ausgeprägt.
  • Politische Einstellungen: Studien haben auch gezeigt, dass die Offenheit mit sozialen und politischen Einstellungen stark korreliert. Menschen mit hoher Offenheit neigen auch dazu, politisch liberaler zu sein. Sie akzeptieren Menschen mit unterschiedlichem sozialen, kulturellen und religiösen Hintergrund.
  • Kulturelle Unterschiede: Eine Studie, die sich mit interkulturellen Unterschieden bei Persönlichkeitsmerkmalen befasste, ergab, dass die Kultur, in der eine Person lebt, einen statistisch signifikanten Einfluss auf dessen Offenheit hatte. Menschen aus Chile und Belgien sind am offensten, Japan und Hongkong am niedrigsten.

Und jetzt die Hörerfrage: Wie korreliert Offenheit mit dem Alter?

Der Psychologe Robert McCrae hat festgestellt, dass die fünf Faktoren tendenziell mit dem Alter variieren. Obwohl jedes Individuum anders ist, deutet seine Forschung darauf hin, dass die Offenheit für Erfahrungen etwa im Alter von 19 Jahren ihren Höhepunkt erreicht. Solche Ergebnisse legen nahe, dass jüngere Menschen eher bereit sind, Veränderungen anzunehmen. Die Offenheit für neue Ideen und Erfahrungen nimmt also mit zunehmendem Alter der Menschen ab.

Quellen:

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