DT17: Von Sprechdenkern und Denksprechern

Wir alle haben unser eigenes, internes Tempo, das sich offenbart, wenn wir mit anderen Menschen interagieren. Nicht selten kollidieren diese verschiedenen Methoden miteinander – vor allem in hitzigen Diskussionen.

Bei jeder Design Thinking Jam Session gibt es einige, die vor sich herreden, um zu denken, während andere eine Art Bedenkzeit brauchen, bevor sie sprechen. So wie sich manche Menschen schneller oder langsamer bewegen, reagieren einige eben auch schneller, während andere für ihre Antwort eine gefühlte Ewigkeit brauchen.

Sind Sie Sprechdenker oder Denksprecher?

Personen, die als Sprechdenker gelten, lösen ihre Probleme üblicherweise in einem Dialog. Denksprecher allerdings brauchen Zeit, um zuerst zu reflektieren und dann ihre Meinung zu äußern.

Wenn Sie zuerst denken, um danach zu sprechen, verbringen Sie in der Regel längere Zeit damit, Ihre Gedanken für sich unter Verschluss zu halten, bis Sie etwas sagen, das Hand und Fuß hat oder Sie sichere Hinweise davon haben, wie es weitergehen wird. Andererseits, wenn Sie das Sprechen brauchen, um zu denken, werden Sie vermutlich sehr schnell antworten und während der Antwort bereits weiterdenken. Manche Sätze wirken dann unzusammenhangslos oder sprunghaft. So wie unsere Gedanken eben sind.

Fragen Sie einmal Menschen in Ihrer näheren Umgebung: „Denkst Du, während du sprichst oder sprichst du erst, nachdem du den Gedanken fertig gedacht hast?“ Die Sprechdenker platzen für gewöhnlich sofort mit „Ich spreche.“ heraus.

Solche Offenbarungen sind Gold wert: Wenn Sie wissen, wie Ihr Chef tickt und er z.B. laut denkt, nur um Ideen zu haben, erschließen sich einem völlig neue Zugänge über künftige Vorschläge oder Anmerkungen. Sie wissen dann, wie ernst die Aussagen des Chefs sein könnten. Diese Art der Erkenntnis bringt weitreichende Verbesserung in zwischenmenschliche Beziehungen.

Leider sind die meisten Aufeinandertreffen wie Meetings, Mittagessen, formelle Anlässe selten für beide Gruppen konzipiert. Sprechdenker bekommen dann zu wenig Zeit zum Sprechen und Denksprecher kommen kaum zum Reflektieren.

DNA eines Sprechdenkers

Wenn Sie ein Sprechdenker sind, loten Sie wahrscheinlich gerne die Ideen aus, indem Sie sie ansprechen und tragen Ihr Herz auf der Zunge. Für gewöhnlich verlassen sich Sprechdenker auch schnell auf ihre Gruppen und arbeiten deswegen lieber im Team. Wenn Sie alleine arbeiten müssen, können Sie auch mit sich selbst reden, wenn das beim Denken hilft (und niemand anderen stört). Sprechdenker werden schnell ungeduldig, wenn Menschen zu lange mit ihren Antworten brauchen und unterbrechen dann das Gegenüber oder füllen die Lücken, wenn jemand zu langsam spricht.

Tipps für Sprechdenkern

  • Zeigen Sie Ihre Sprechdenker-Seite: Seien Sie offen Ihrer Umgebung gegenüber und beginnen Sie Ihre Ausführung mit der Ansage, dass Sie nur mal laut denken wollen. Bitten Sie die Gruppe um diskrete Hinweise, wenn Sie zu viel zu reden. Das hilft den anderen, dass sie einordnen können, wie viel Wert sie in Gesagtes legen sollen.
     
  • Kündigen Sie Ihre Absicht an: Wenn Sie dazu neigen, in einem Fort zu sprechen, ist es für Außenstehende nicht leicht zu erkennen, wann Sie für einen nächsten Schritt bereit sind. Lassen Sie deswegen die anderen wissen, wann Sie den einen Gedanken abgeschlossen haben und wann Sie nur Ideen spinnen.
     
  • Bitten Sie um ein Zeichen: Wenn Sie nicht sofort ein Kommentar oder eine Antwort auf eine Frage erhalten, ist es besser, wenn Sie nachfragen, bevor Sie erneut oder statt derjenigen Person antworten. Eine klare Aufforderung hilft den meisten, schneller zu reagieren.
     
  • Warten Sie Antworten ab: Wenn Sie anfällig sind, dass Sie schnell antworten, zählen Sie leise bis zehn, bevor Sie Ihre Ansicht erneut präsentieren. Sie werden überrascht sein, wie oft es vorkommt, dass Menschen ähnlich denken und interessante Ideen vorschlagen.
     
  • Nehmen Sie sich Zeit, um Ihre Entscheidungen abzuwägen: Wenn Sie in Gruppen arbeiten, machen Sie sich bereits im Vorfeld Notizen zu dem Thema. Wenn in derselben Gruppe eine Entscheidung ansteht, können Sie dann Ihre schriftlichen Gedanken hervorholen und gemeinsam entdecken, was bereits durchdacht wurde.

DNA eines Denksprechers

Denksprechern fällt es meistens sehr schwer etwas zu sagen, bevor Sie Zeit hatten, um es gründlich zu durchdenken. Sie brauchen für gewöhnlich noch zusätzliche Zeit, um eine Antwort auf das Gehörte zu formulieren. Wenn sie es sich aussuchen können, arbeiten sie lieber alleine oder zu zweit, weil sie die Zeit anderer nicht zu sehr in Anspruch nehmen wollen. Wahrscheinlich haben sie gelernt, dass sie bessere Entscheidungen treffen, wenn sie zunächst ein Problem in allen Facetten betrachten konnten.

Andere schätzen Denksprecher deswegen meistens als ruhiger ein, aber in Wahrheit müssen sie zuerst Ihre Gedanken sortieren. Wenn Sie selber ein Denksprecher sind, erinnern Sie die Leute, dass Sie gerne antworten, aber zuerst eine Minute Zeit brauchen, um über das Gesagte nachzudenken. Sagen Sie ihnen, dass sich die Qualität Ihrer Antworten in der Regel verbessert, wenn Sie genügend Zeit zur Reflexion hatten. Vergessen Sie aber nicht, dass, wenn Sie zu lange brauchen, um Dinge zu verarbeiten oder Ihre Antwort anderen mitzuteilen, andere schnell ungeduldig werden und Sie das Mitspracherecht verlieren könnten.

Tipps für Denksprecher

  • Geben Sie sich selbst mehr Zeit: Fordern Sie die Zeit, die Sie zum Denken brauchen, ein. Erklären Sie den Leuten, dass, wenn Sie genügend Zeit haben, diese auch eine viel bessere Antwort bringt. Fragen wie „Können Sie mir eine Minute Zeit geben, damit ich kurz darüber nachdenken kann?“ gibt anderen zum Überdenken und Nachdenken der eigenen Gedanken und verbessert allgemein die Qualität des Gesagtem.
     
  • Bitten Sie um Hilfe: Wenn es wichtig ist, dass Sie eine Entscheidung schneller als es Ihnen liebt ist treffen müssen, bitten Sie um Input. Identifizieren Sie zuerst die weniger wichtigen Teile der Entscheidung, die Sie schnell treffen können, und schlagen Sie dann eine Richtung für die endgültige Entscheidung ein.
     
  • Üben Sie sich im Gedankenaussprechen: Verbalisieren Sie Ihre Gedanken und üben Sie so das neue Verhalte zum Beispiel mit Hilfe eines Freundes. Sprechen Sie dazu laut zu ihm Ihre Gedanken aus. So helfen Sie anderen auch, dass Sie mehr über Sie erfahren.
     
  • Nehmen Sie sich Zeit für Vorab-Analysen: Wenn Sie ein Denksprecher sind, der mit anderen Menschen in einer Gruppe arbeitet, könnten Sie es schwierig finden, das Tempo der Gespräche zu halten. Erstellen Sie eine Liste mit Vor- und Nachteile von Entscheidungen, die Sie dann gleich mit der Gruppe teilen können. Wenn Sie ihnen auch Ihre Gedanken transparent machen, helfen Sie der Gruppe dabei, eine gute Entscheidung zu treffen.

Fazit

Egal, ob Sie scheinbar direkt aus Ihrem Kopf heraus denken oder der Kopf zuerst die Gedanken sortiert, bevor Sie sprechen, versuchen Sie diese Tipps. Achten Sie vor allem darauf, welche Art von Denkern in Ihrer Umgebung unterwegs ist. Sie werden dadurch ein viel besseres Verständnis für sich und die anderen entwickeln können. Und anderen helfen, mehr aus ihrer bevorzugten Weise des Denkens herauszuholen.

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