DT137: Hören Sie auf Mitleid zu haben

„Es gibt eben zweierlei Mitleid. Das eine, das schwachmütige und sentimentale, das eigentlich nur Ungeduld des Herzens ist, sich möglichst schnell freizumachen von der peinlichen Ergriffenheit vor einem fremden Unglück, jenes Mitleid, das gar nicht Mit-leiden ist, sondern nur instinktive Abwehr des fremden Leidens von der eigenen Seele.“ (aus Stefan Zweig, Ungeduld des Herzens)

Die meisten Unternehmen verlassen sich viel zu sehr auf die analytischen Informationen ihrer Käufer. Aber diese Daten zeigen im Grunde so wenig von dem, was wirklich zählt und was auch für Unternehmen überlebenswichtig ist: dem menschlichen Kontakt. Viele Entscheidungen basieren leider mehr auf abstrakten Informationen als auf persönlichem Kontakt. Ein Fehler, denn gerade dieser empathische Fokus sorgt für das notwendige Gleichgewicht zwischen dem Wissen aus der Vergangenheit und der Analyse des Wahrgenommenen herzustellen.

Der Begriff der Empathie wird in der deutschen Sprache oft mit Mitleid, Sympathie oder Mitgefühl gleichgesetzt. Der Hauptunterschied besteht jedoch darin, dass das Wort Mitleiden auf die Existenz eines starken Dranges hinweist, den Schmerz oder die Not zu lindern und dieses Unbehagen irgendwie wieder zu entfernen.

Sympathie, Empathie und Mitleid

Das Wort „Sympathie“ wurde das erste Mal in den 1570er Jahren verwendet. Es ist entlehnt aus dem lateinischen “sympathia”, das sich aus syn- „zusammen“ und pathos „Gefühl“ zusammensetzt. Das griechische Wort „Pathos“ bedeutet „leiden, fühlen und was einem widerfährt“.

Der Begriff „Empathie“ stammt aus dem Deutschen. 1848 hat der deutsche Philosoph Rudolf Lotze das Wort erstmals als Übersetzung der griechischen empatheia „Leidenschaft, Gefühlszustand“ geprägt. Im Gegensatz zu Sympathie bedeutet Empathie, tatsächlich „in“ der Lage eines anderen zu sein und dessen Leiden zu erfahren. Dank dieser Deutungen wird der Unterschied der zwei Begriffe deutlicher: Jemand, der das Leiden oder den Kummer, den ein anderer durchmacht, nicht „erfahren“ hat, empfindet nicht unbedingt Empathie, kann wohl aber Sympathie für diese Person haben.

“Mitleid” dagegen stammt aus dem frühen 13. Jahrhundert und kommt zunächst im Zusammenhang mit der christlichen Glaubensgemeinschaft vor. Die lateinische Bedeutung für Mitleid ist „Frömmigkeit, Zuneigung, Pflicht“ und wird biblisch im Zusammenhang mit Nächstenliebe gebracht.

Warum Mitleid oft unangebracht ist

Ein typischer Glaube, der mit Mitleid verbunden ist, ist, dass viele Lebewesen auf der Welt leiden, aber eine einzelne Person nicht viel dazu beitragen kann, die Situation zu verbessern. Mitleid ist immer dann unangemessen, wenn wir eigentlich die Kraft und Macht hätten, Leiden zu lindern. Ärzte, die ihre Patienten heilen können, bemitleiden sie nicht.

Unsere Akzeptanz der Situation eines Anderen und das Gefühl der Unfähigkeit, sich persönlich zu engagieren, kann unterschiedliche Gründe haben: Entweder empfinden wir die Position des anderen als unveränderlich schlecht oder werten die Situation der bemitleideten Person als selbstverschuldet ab oder wir haben das Gefühl, nicht über die erforderlichen Ressourcen zu verfügen, um zu helfen. All diese Überzeugungen sind ein Abwehrmechanismus, mit dem wir unsere eigene Passivität versuchen zu rechtfertigen. Der Glauben an die Minderwertigkeit des anderen erniedrigt oder beleidigt ihn eigentlich. Das ist der Grund, warum niemand bemitleidet werden will.

Mitleid lenkt die Aufmerksamkeit auf das Leiden und nicht auf den Erfolg einer Person. Wir tendieren dazu, das Gefühl des Mitleids zu überwinden, indem wir vom Leiden wegsehen. Und das hilft letztlich niemanden.

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