| Wer uns schon ein bisschen länger folgt, weiß, dass ein Fixstarter bei unseren Design-Thinking-Projekten die Methode „empathisches Gespräch“ ist. Wann immer wir in Unternehmen gehen, um mit Menschen zu arbeiten, ist das die erste und wichtigste Methode, mit der wir beginnen. Diese Methode ermöglicht uns, einen tieferen Einblick inner- und außerhalb des Unternehmens zu bekommen, zu verstehen, wie Kund:innen und Mitarbeiter:innen ticken und zu erkennen, welches Bedürfnis dem jeweiligen Produkt oder der Dienstleistung, die das Unternehmen anbietet, zugrunde liegt. Mit anderen Worten: Mit dieser Methode betreiben wir unsere Grundlagenforschung. Wir haben allerdings die Erfahrung gemacht, dass alleine das Aussprechen des Wortes „Forschung“ in manchen Unternehmen eine seltsame Reaktion hervorrufen kann, die aus Ängsten und falschen Vorurteilen entsteht. Deswegen wollen wir Ihnen an dieser Stelle einen Einblick geben, was wir mit unserer Art der Forschung nicht erreichen möchten. Wir fragen Menschen nicht, was sie mögen: Wenn Sie mit Menschen sprechen, die an Geschäftsentscheidungen beteiligt sind, hören Sie oft Aussagen, was diese Personen mögen oder nicht mögen. Aber die Aussage „gefällt mir“ ist kein hilfreicher Satz, auf den man sich verlassen sollte. Wir alle machen Dinge, von denen wir hoffen, dass andere sie positiv bewerten oder mögen. Daher ist es einfach, Sympathie als führenden Erfolgsindikator zu betrachten. Die Aussage „gefällt mir“ ist auch oberflächlich, sehr subjektiv und unterliegt keinem bestimmten Verhalten. Das bedeutet, dass Sie keine nützlichen Erkenntnisse von einer bestimmten Person erhalten können, die sagt, dass sie eine bestimmte Sache mag oder nicht mag. Viele Menschen beschäftigen sich gewohnheitsmäßig mit Aktivitäten, die sie angeblich hassen. Fragen Sie daher lieber die Menschen, was sie aktuell tun und womit sie sich aktuell beschäftigen, wenn sie aussagekräftige Informationen erhalten wollen. Wir versuchen nicht schlau auszusehen: Die richtige Antwort zu haben, fühlt sich wirklich gut an. Die meisten von uns wurden ihr ganzes Leben lang für richtige Antworten belohnt, in der Schule und bei der Arbeit. Zusammen mit dem guten Gefühl schwingt aber immer auch die Angst mit, dass unsere Unwissenheit sichtbar wird. Nur sind Demut und Mut eine wichtige Voraussetzung für das Lernen. Sie müssen zugeben, dass Sie nicht alle Antworten haben und dass Sie auf der Suche nach jemanden sind, der Ihnen weiterhelfen kann. Je ehrlicher Sie dabei sind, desto mehr werden Sie lernen. Lassen Sie sich bei Ihrer Vorgehensweise nicht von dem Wunsch leiten, schlau zu wirken. Wir versuchen nicht Recht zu haben: Viele Unternehmen scheuen sich vor dieser Art der Forschung und erlauben es nur, wenn wir es unter dem Deckmantel „Validierung“ verstecken. Das bedeutet, dass das Fenster gerade weit genug geöffnet wird, damit eine gewisse Bestätigungsverzerrung hineinkommen kann. Es ist so einfach, Erkenntnissen mehr Gewicht zu geben, die das stützen, was Sie bereits glauben – besonders wenn hinter dieser Überzeugung eine Menge vorheriger Investitionen stehen. Eine „richtige“ Antwort ist aber eine vergängliche Sache. Es ist viel wichtiger, dass Sie sich stattdessen zu kontinuierlichem Lernen verpflichten und akzeptieren, dass sich die Antwort möglicherweise schnell als falsch erweisen wird. Wir versuchen nicht möglichst viele Daten zu sammeln: Recherche wird nicht besser, nur weil man mehr Daten hat. Neben Führungskräften, die den Anschein kontrollierter Experimente bevorzugen, treffen Sie vielleicht auf Menschen, die die Gültigkeit oder Nützlichkeit qualitativer Forschung bestreiten. Diese Leute verwenden oft nur den falschen Vertrauensmaßstab, weil sie vielleicht Angst haben und sich so schützen möchten. Vermeiden Sie deswegen auch Argumente über statistische Signifikanz: Sie werden diese Debatte nicht gewinnen. Konzentrieren Sie sich stattdessen darauf, nützliche Erkenntnisse zu sammeln, um Ihre Ziele zu erreichen. Mehr Daten führen nicht automatisch zu mehr Verständnis. Oft verschleiert die Menge an Informationen die Bedeutung und ermöglicht es, gewisse Informationen herauszupicken, die den vorgeschlagenen Plan unterstützen. |
Ingrid Gerstbach
Seit 2010 begleitet Ingrid Gerstbach Unternehmen auf dem Weg zu ihrem Erfolg. Ihr Vorgehen: Ideenstifterin und Denkpartnerin statt Besserwisserin. Dabei weckt sie die schlummernde Kreativität in ihrem Gegenüber und arbeitet die individuellen Stärken von den Menschen im Unternehmen heraus.



