Typische Schwierigkeiten in Workshops meistern

Kennen Sie das? Sie sitzen in einem Workshop, der voller Versprechen begann. Die Agenda war klar, die Ziele ambitioniert und die Stimmung positiv. Doch nach zwei Stunden stockt der Prozess. Die Energie im Raum ist abgeflacht, einige Teilnehmer schauen verstohlen auf ihre Uhren, andere sind in Nebengespräche vertieft. Als erfahrene Workshop-Moderatoren erleben wir solche Situationen regelmäßig – und wissen, dass sie zum natürlichen Verlauf gehören.

Wenn die Zeit zum Gegner wird

Der häufigste Stolperstein in Workshops ist das Zeitmanagement. Fast magisch scheint die Art und Weise, wie eine geplante 30-minütige Diskussion plötzlich zur 90-minütigen Debatte anschwillt. Ein Teilnehmer bringt ein Beispiel aus seinem Arbeitsalltag, eine andere Teilnehmerin knüpft daran an, und schon befinden wir uns auf einem thematischen Nebenschauplatz.

In einem kürzlich von uns begleiteten Strategieworkshop mit einem Führungsteam war genau das der Fall. Der Finanzvorstand brachte eine aktuelle Marktentwicklung ein, die eigentlich erst für den Nachmittag relevant gewesen wäre. Die folgende Diskussion war zwar wertvoll, brachte aber den gesamten Zeitplan durcheinander.

Was hilft? Eine klare, sichtbare Zeiteinteilung und ein designierter „Zeitwächter“ können Wunder wirken. Manchmal ist es auch hilfreich, Themenparkplätze einzurichten – Flipcharts oder digitale Boards, auf denen wichtige, aber derzeit nicht fokussierte Themen für später festgehalten werden.

Die unvermeidliche Energiekurve

Jeder Workshop durchläuft eine natürliche Energiekurve. Der Start ist meist von Enthusiasmus und Neugier geprägt. Nach etwa 90 Minuten – oft genau dann, wenn es inhaltlich spannend wird – sinkt die kollektive Energie spürbar. Das ist kein Zeichen von Desinteresse, sondern eine biologische Realität.
Eine Führungskraft aus dem Gesundheitssektor teilte kürzlich ihre Beobachtung mit uns: „Früher interpretierte ich das Nachlassen der Energie als Ablehnung meiner Ideen. Heute weiß ich, dass es einfach an der Uhrzeit liegt.“ Diese Erkenntnis hat ihre Workshop-Teilnahme entspannter und produktiver gemacht.

Der Schlüssel liegt in bewusst geplanten Energiewechseln. Ein kurzer Methodenwechsel, eine überraschende Frage oder sogar eine knackige Bewegungseinheit können den Energielevel wieder anheben. Die besten Workshops fühlen sich nicht wie ein Marathon an, sondern wie eine rhythmische Abfolge von Sprints und Erholungsphasen.

Das Persönlichkeiten-Puzzle

In jedem Workshop treffen unterschiedliche Persönlichkeiten aufeinander, die ein faszinierendes Gruppendynamik-Puzzle bilden. Da ist der erfahrene Abteilungsleiter, der zu jedem Punkt etwas beizutragen hat. Die neue Projektmanagerin, die trotz brillanter Ideen kaum das Wort ergreift. Der Skeptiker aus der IT-Abteilung, dessen kritische Fragen zunächst störend wirken, aber oft auf übersehene Probleme hinweisen.

In einem Design-Thinking-Workshop für ein Technologieunternehmen beobachteten wir, wie ein besonders zurückhaltender Entwickler während einer individuellen Skizzierungsphase die innovativste Lösung entwickelte – eine Lösung, die in der plenaren Diskussion niemals aufgekommen wäre.

Erfolgreiche Workshops schaffen Räume für unterschiedliche Beitragsformen: Plenumsdiskussionen für die Extravertierten, schriftliche Formate für die Introvertierten, Kleingruppen für diejenigen, die mehr Sicherheit brauchen, um sich zu öffnen.

Die Transferlücke überbrücken

Der vielleicht kritischste Punkt jedes Workshops liegt nicht im Workshop selbst, sondern in den Tagen danach. Brillante Ideen, enthusiastische Pläne und neugewonnene Einsichten verpuffen allzu oft, wenn der Arbeitsalltag wieder einkehrt. Wir nennen dies die „Transferlücke“ – die Kluft zwischen Workshop-Euphorie und tatsächlicher Umsetzung.

Ein Teilnehmer eines Innovationsworkshops formulierte es so: „Am Freitag im Workshop war ich Feuer und Flamme für unsere neue Produktidee. Am Montag hatten mich 87 ungelesene E-Mails und drei dringende Kundenanfragen wieder eingeholt.“

Die Überbrückung dieser Lücke beginnt bereits im Workshop selbst. Konkrete nächste Schritte, klare Verantwortlichkeiten und realistische Zeitpläne sind essenziell. Ebenso wichtig sind Follow-up-Mechanismen: Kurze Check-in-Calls, digitale Erinnerungen oder kleine Erfolgsritualisierungen können den Transfer unterstützen. Ein strukturierter Prozess wie Design Thinking kann dabei helfen, Ideen nicht nur zu generieren, sondern sie auch gezielt in umsetzbare Lösungen zu überführen und nachhaltige Veränderungen anzustoßen.

Ein neuer Blick auf Workshop-Schwierigkeiten

Die beschriebenen Herausforderungen gehören zu jedem Workshop – sie sind keine Fehler, sondern Merkmale des Formats. Der Schlüssel liegt nicht darin, sie vollständig zu vermeiden, sondern sie bewusst zu navigieren.

Als Führungskraft oder Teilnehmer können Sie einen erheblichen Beitrag zum Gelingen leisten, indem Sie diese Dynamiken verstehen und konstruktiv darauf reagieren. Der beste Workshop ist nicht der ohne Schwierigkeiten – sondern derjenige, der sie als Teil des gemeinsamen Lernprozesses integriert.